Das Afrofuturistische Manifest und wie es dazu kam, Teil I

Ja, es war wohl ziemlich episch am 26. November 2014. Die Radio-Presse hat mitgefiebert und die Zuschauer waren ratlos und angefüllt mit Klang. Und wir auf der Bühne waren ganz beseelt von dem Ereignis, das man wohl mit Fug und Recht als (bisher) besten und am besten aufgenommenen Hansestadt-Auftritt überhaupt bezeichnen konnte. Dazu noch mit einer echten Öffentlichkeitsarbeit, einem neuen Organisationskonzept, einer richtigen Vorbereitungsphase, völlig neu dazugekommenen Akteuren und einigen wirklich bemerkenswerten künstlerischen Premieren und Jungfernflügen an diesem Abend.

                  2014-11-26 22.55.11 Mein Setup mit Blick auf Natalias, Andis, Felix‘ und Anjas Plätze

Dies ist ein Reisebericht.

Zuerst ist richtigzustellen, dass wir natürlich nicht „geprobt“ haben, wie am Abend von Fabian angenommen wurde, sondern unseren heanseatischen Stiefel runtergespielt haben. Dies jedoch in einigen festgelegten Zeitfenstern und mit halbwegs vorgegebenen Assoziationsräumen, die ich in den vorherigen Klangwerkstätten in Form eines Ablaufplans zur Diskussion gestellt hatte. Der Ablaufplan bestand aus 5 Akten, die jeweils in zwei oder drei Aktionsräume unterteilt waren. Innerhalb dieser Aktionsräume waren Akteur-Gruppierungen angesetzt, bei denen ich aus den Klangwerkstätten wusste, dass sie funktionieren und auch abschätzen konnte, in welche Richtung die Slot jeweils klanglich gehen werden. Daneben gab es auch einige Unsicherheiten: So hat Johannes mit seinen Drums in der Vorbereitungszeit an keiner Klangwerkstatt teilgenommen und auch von Natalia und Nora wusste ich nicht, wie sie auf der Bühne agieren würden. Das war für sie ja auch alles neu. Aber Johannes und ich haben ja schon so manches musikalisches Abenteuer durchgestanden und die beiden Neuhinzugekommenen waren mir als hochgeistige und spritzige Gesprächspartnerinnen vertraut, und von daher war ich mir sicher, dass diese Sachen laufen werden.

2014-11-26 19.17.10

Johannes‘ Drums und mein Setup, ganz links Noras Arbeitsplatz

Wir schreiben das Jahr 3014…

Ja, wie kriegt man denn soviel krudes Zeug zusammen? Also, das Konzept war eigentlich lange nicht klar. Voran ging eher der Wunsch, etwas mit diesem neu gestalteten Eingangsraum im neuen IWALEWA-Haus zu machen. Und es sollte mit Christoph Schlingensief (großer Workshop und Ausstellung im nächsten Jahr) und Sun Ra (Jubiläum 2014) zu tun haben. Die Textbausteine aus der (leider, leider) nicht realisierten Tonfilmverstummung von „120 Tage von Bottrop“ mussten natürlich auch rein. Und da ich an den Werken von Isaac Asimov und Philip K. Dick  quasi das Lesen gelernt habe und immer noch Unmengen an solchem Zeug konsumiere, war klar, dass das alles natürlich mit einem weiteren Schwerpunkt des IWALEWA-Hauses, dem Afrofuturismus, zusammenpassen muss. Letztendlich ist die Hansestadt ja auch ein Futurismus, wenngleich ein Frankofuturismus :) Insofern waren da eine Menge Pfeile im Köcher.

Als wichtiger Punkt bei der Ausformung des Abends erwies sich dann auch das Erstellen der Chronik, die sich in mehreren Wellen manifestierte. Anbei findet Ihr die Stufen der Realisation. Ich finde, ‚Doris‘ hat bei diesem ersten Versuch einfach einen wundervollen Job gemacht:

Und danach hab ich den Text selbst einmal mit den geilen Typen von Tramuc in Leipzig weggedrechselt:

Danach ging der Text bei Natalia in Revision und es entstand das, was dann im IWALEWA-Haus zu hören war. Ich habe den Text eigentlich schon auf Natalias Sprechduktus hin geschrieben, aber letztendlich hat der Text durch ihre Performance zu seiner Erfüllung gefunden :)

Fünf Akte, also eine Tragèdie lyrique?

Eher nein, es wurde viel gesprochen und es gab kaum Rezitative, naja, bis auf meine futuristische Eloge auf die Unterzeichnung des futuristischen Manifests gegen Ende des Abends, die allerdings auch schon vorher mal ‚durchgeprobt‘ wurde. Und zwar in enthemmter Atmosphäre in einer der vielen Klangwerkstätten. Damals war es noch die „Schlussakte des Dürer-Konvents“, der ja in der Chronik des afrofuturistischen Szenarios viel eher geschieht:

Wer ist tot?

An einem der drei Tage im Jahr, an denen ich Fernsehen gucke, teilt man mir die alte Mutter Tagesschau mit, das Karlheinz Böhm gestorben sei… Bitte was? Ein paar Tage vorher noch Schlingensief „120 Tage von Bottrop“ geschaut und darüber gerätselt, ob „Massa Böhm“ von einem Behinderten oder Nichtbehinderten gespielt wurde, und dann diese Schicksalsmeldung: Der Sohn des großen Wagner-Dirigenten Karl Böhm ist tot. Das war ein Zeichen! Und dementsprechend mussten alle anderen auch tot sein, schließlich sterben wir alle mal. Zum ersten Mal habe ich diesen Schwanengesang mit Andi und Felix bei einer Privatfeier von Nora – unter Beteiligung der besoffenen und verlotterten Punkrock-Baggage, die bei solchen Privatauftritten bedauerlicherweise nicht ausbleibt – aufgeführt. Siehe hier:

https://soundcloud.com/hansestadtbayreuth/karlheinz-b-hm-ist-tot

So, jetzt habe ich keine Lust mehr zum Schreiben. Aber ich habe noch gar nicht Noras Selbstbesudelung und Meeses Wiederkunft erwähnt. Zudem gab es zwei Raketenstufen und eine Lichtshow!

Bald kommt der zweite und letzte Teil. Macht’s gut!

Ein Kommentar zu „Das Afrofuturistische Manifest und wie es dazu kam, Teil I

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