Die Schwierigen Fragen, kleiner Teaser

Yay, ein paar Wochen nicht mehr bei Facebook und schon hat man Zeit zum Musik machen!

Hier ein kleiner Workshop-Teaser zu Matthias‘ und meinem neuen Pop-Projekt Die Schwierigen Fragen. Wir beide spielen Westerngitarren, Matthias macht die deutschen Texte und ich singe. Das Projekt hat so spektakulär gestartet, dass ich mich selber noch zwicken muss. In drei Wochen haben wir sechs Songs zusammengebaut, etliche Texte liegen zur Vertonung noch auf Halde.

Auf der OpenStage-Jam im Zentrum haben wir letztens die ersten drei Songs vorgetragen. Folgenden Song, Anna, haben wir in seinem Wohnzimmer blank eingespielt. Dafür kamen seine zwei Collings zum Einsatz… was gut ist, weil ich beim Singen dann Lautstärke produzieren muss. Ansonsten würde ich mich bei dem gnadenlosen Krach, den die beiden Monster produzieren, nicht mehr hören. Scheint so, als müsste ich demnächst ’nen Kleinkredit aufnehmen :)

Viel Spass beim Lauschen, da draußen :)

Hansestadt unplugged

Hier ein paar Auszüge aus einer mitternächtlichen Session mit Matthias. Er (links Seite) spielt meine alte Hoyer Archtop, ich (rechte Seite) spiele seine Collings. Wir laufen zu den Klangwerkstätten der Hansestadt und deren Auftritten ja immer mit einem Riesenhaufen an Effekten an und waren ziemlich gespannt, was von uns noch überbleiben würde, wenn wir mal ganz unplugged spielen.

Zur Zeit sind wir von der Hansestadt ja komplett mit Wagner kontaminiert, und ich hatte letztens mit meinen Studis eine interessante Diskussion über die Familienaufstellung im Ring. Insofern kann man die nachträglich aufgesetzten Titel hier als assoziative Hörhilfe verstehen.

Wie lange kann man am Stück improvisieren?

Diese Frage habe ich mir in der Rückschau auf die Hansestadt-Performance bei Campus-Kandinsky gestellt. Wir waren als Trio (Andi, Matthias zum ersten Mal und ich) eigentlich für eine halbe bis dreiviertel Stunde eingeplant, und das fühlte sich von den Absprachen und Erfahrungen aus der Klangwerkstatt auch ganz gut an. Aber dann wurde nichts aus dem darauffolgenden Auftritt des Blauen Elefanten (Thaddl, Felix, Andi zum ersten Mal beim BE und ich), weil die für uns sichtbare Zusschauermenge nicht die kritische Masse für die theatrale Performance überschritt. Der Elefant ist ja eher was Durchstrukturiertes, auf Frontalwirkung ausgerichtetes Ding, kein entrücktes Gegniedel, sondern vorne an die Rampe treten und draufhauen. Das ergab sich bei den vereinzelten Vernissage-Schlenderern irgendwie nicht. Deswegen haben wir einfach das Trio weitergeführt, noch Felix und Thaddl beigeholt und insgesamt viereinhalb Stunden gespielt.

Das war schon schön, hier ein kleines Hörbeispiel, endlich mal auch mit Thaddäus im typischen Gniedel-Kontext der Hansestadt. Man beachte die Textcollage :)

Das war aber nicht unbedingt typisch für die lange Spielzeit, wir haben viel instrumentale Flächen erzeugt.

Zugegebenermaßen war ich nach dem Auftritt komplett kaputt, das feuchtkalte Klima in den Katakomben und der lange Aufenthalt dort war ein echter Schlauch. Die Frage, die sich mir nach dem Auftritt stellte, war: Wie konnten wir es trotz der widrigen Umstände hinbekommen, so lange zu spielen, ohne dass es für uns langweilig oder unerträglich wurde? (Für die Zuhörer kann ich ja nicht sprechen, deswegen können wir sie ruhig ausblenden.) Das Interessante – das war schon während der Performance zu beobachten – war, dass wir bei diesem langen Zeitraum keine Sorge haben brauchten, dass einer von uns nicht zu Wort kommt. Umgekehrt konnte jeder sich einen kleinen Ego-Ausflug leisten, und die anderen konnten das beobachten und mit dem Publikum kommentieren, sich ein Bier holen, durch die Ausstellung laufen, fachsimpeln und versuchen der Reporterin vom Nordbayrischen Kurier einen brauchbaren Text in den Block zu diktieren.

Das tatsächliche Musizieren wurde dabei zu etwas, das nicht durchgehend die komplette Aufmerksamkeit beanspruchte. Die Immersion oder der Flow, das Gefühl der Selbstwirksamkeit, das sich beim Improvisieren einstellt, konnte uns in Wellen erreichen. Dabei waren diese Wellenberge und -täler der Immersion immer individuell: Wenn Matthias sich total in seinen Akkorden auflöste, konnte ich über die Schrottigkeit meines Ringmodulators nachdenken. Derweil sich Andi wahrscheinlich durch seine Soundbanks klickte und Felix versuchte, dem Gestotter meines Ringmods einen musikalischen Sinn abzutrotzen. Die Tatsache, dass dieses Auf und Ab der Aufmerksamkeiten als Ganzes funktioniert, hat sicher mit der Anzahl der Beteiligten zu tun. Wenn 10 Leute zusammen improvisieren, würden sich die vielen Wellenbewegungen nivellieren und es wahrscheinlich eher ein kontinuierliches Kabbelwasser geben. Wenn nur zwei Musiker diese Wellen erzeugen würden, würde es manchmal starke Interferenzen geben, aber manchmal vielleicht auch garnichts. Die Zahl Vier (Andi, Felix, Matthias und ich) hat sich bei diesem Setup mal wieder als die perfekte Verursachermenge des gegenseitigen Hochschaukelns und Abwiegelns erwiesen. (Thaddäus fällt als Sprecher ein bisschen heraus, und sei es nur, weil der Träger einer sprechenden oder singenden (Live-)Stimme immer als ‚Vorne‘ besetzt wird, und die anderen als ‚Hinten‘. Wir haben dieses Prinzip in obigem Beispiel manchmal in jenen Momenten ausgehebelt, in denen Thaddls Stimme über Felix‘ Schranzmaschinen zerstört werden – ein Effekt, der mich schwer beindruckt hat: Das akustische Sprechereignis klang wie durch den Schredder, aber der Sprecher stand leibhaftig und unbeschadet vor mir.)

Wir planen für die Erlanger Klangkunst-Tage ein Set von acht Stunden. Das ursprüngliche Konzept ging noch von 24 Stunden aus, aber das war von den Räumlichkeiten her (Schließdienst usw.) nicht machbar. Und für Juni in Bayreuth eine Performance von maximal 8 Stunden im Gespräch. Ich bin sehr gespannt, ob das nochmals so gut funktioniert, oder ob es der besondere Ort war, der uns so mitgenommen und mitgezogen hat.